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13/aCHzig_Tack för besöket
GOTHENBURG/SWE

Was haben Göteborg und Jakarta gemeinsam? Nicht allzu viel könnte man meinen. Aber beide Städte wurden von den Holländern angelegt. Interessant! Und mit ein Grund, warum Geschichte lernen spannend ist. Weil die Holländer es damals drauf hatten, Städte auf Marschland zu errichten. Warum die das konnten erfahren wir in dem Kapitel über Kolonisation, aber das führte jetzt hier zu weit.

Damals jedenfalls, das war zu Beginn des 17. Jahrhunderts und das Gebiet des heutigen Göteborgs schon längst besiedelt, als Gustav II Adolf die Niederländer beauftragte, eine befestigte Stadtanlage zu entwickeln. Die machten das gerne und es kam zu einer, heute würde man sagen Win-Win-Situation. Gothenburg, Ende des 16. Jahrhunderts noch vollständig niedergebrannt, bekam eine solide Gründung, eine sieben Meter hohe Stadtmauer und fundierte Steinhäuser, und die Holländer, im Gegenzug wirtschaftliche, politische und rechtliche Privilegien. Schweden, Schotten, Deutsche und Holländer bildeten den Stadtrat – das ging auch damals schon, wenn man nur praktisch dachte – und Göteborg wurde zum Bollwerk gegen den traditionellen Feind, Dänemark und Norwegen.
Aber genug der Geschichte. Das ist etwas, was man gut und gerne selbst erkunden kann und soll. Denn auch wenn die Stadt in Südschweden vielleicht etwas nördlich abgelegen scheint, so ist sie allemal eine Reise wert. Und das ist keine bezahlte Touristeninformationskampagne und durch meine familiäre Bande maximal ein wenig emotional verbrämt, es ist vielmehr eine sehr erstaunliche Erkenntnis.

Eigentlich könnte man ja glauben, die wirtschaftliche und politische Krise Europas hätte an einem Sozialstaat wie Schweden deutliche und Spuren hinterlassen. Doch ein Besuch in Südschweden beweist geradezu das Gegenteil! Für einen Zugvogel wie mich, der seine Nase für ein paar Tage in die Gegend hält, herrscht hier eine nachgerade vorzügliche Stimmung. Es wird gearbeitet – und das ganz ordentlich. Die Straßen sind voll, die Restaurants und Bars sind’s auch, die Cafés sowieso und wo man auch hinschaut herrscht beschauliche, fröhliche Effizienz Wie überhaupt die Schweden, zumindest die im Süden ganz besonders freundlich sind. Ich weiß, das lassen alle Völker dieser Welt sehr gerne über sich ausrichten – außer vielleicht die Wiener, die sind es zwar in Wahrheit auch, nur geben sie es nicht so gerne zu. Doch für die Göteborger, da kann ich es bezeugen. Denn egal ob beim Fischeinkauf, beim Check in, im Restaurant, oder beim losen Kontakt in den Straßen; die Schweden haben nicht nur Zeit, sie nehmen sie sich auch und schenken sie dem verblüfften Besucher! Und das aller verblüffendste dabei ist, während Olof, der Metzger, noch eingehendste Auskunft über Herkunft, Zustand und Lagerzeit der Steaks erteilt, die optimale Zubereitungsart und weitere nützliche Tipps quasi unaufgefordert obendrauf legt, mehrmals nachfragt, ob denn auch wirklich alle Fragen zur vollsten Zufriedenheit geklärt sind, warten andere Schweden und Schwedinnen geduldig, bis sie an der Reihe sind. Und das milde Lächeln wirkt dabei alles andere als aufgesetzt. Im Gegenteil. Nur noble Zurückhaltung scheint sie davon abzuhalten, persönlich unterstützend zu diesen Diskussionen beizutragen.
Das ist nun wahrlich gar nicht übertrieben. So geschehen in der Saluhall in Göteborg – ein Muss ganz ohne Zweifel für Freunde ausgesuchter Lebensmittel, Industriearchitektur und des Einkaufens ganz generell.
Essen und Trinken hält ja bekanntlich nicht nur den Menschen am Leben und Familien beisammen, sie definieren auch Völker und ihre Kulturen. Demzufolge könnte ich persönlich ganze Tage, ja Wochen und Monate, in Markthallen, Weinbergen etc. verbringen um so diesen Orten auf die Spur zu kommen.
Von der Saluhall am Götakanal gelegen, ist es jedoch auch gar nicht weit zu vielen weiteren Attraktionen der Stadt. Lohnend dabei ist sicher eine kleine Runde mit den Paddan-booten zu drehen. Vielleicht hatte ich ja Glück – aber selten hatte ich auf einer Touristenfahrt ein ähnliches Gefühl, das richtige getan zu haben. Denn Lena war – du ahnst es schon – sehr freundlich, doch nicht nur das. Sehr eloquent, sehr unterhaltsam und die Fahrt im Boot durch den Kanal hinaus in den Hafen mehr als lehrreich. Nur zum Vergleich: Um diese kleine Episode nieder zu schreiben muss ich kein wikipedia bemühen. Alles was ich wissen muss, weiß ich von Lena!
Wieder an Land ist es ein kleiner Fußweg nur zum Stadttheater. Zum Hasselblad-Museum, zum Stadsmuseum und zur Konsthall auch. Die Feskekörka solltest du selbstverständlich auch nicht außer Acht lassen, vorausgesetzt du magst Fisch. Denn die „FISCHKIRCHE“ ist ganz profan der erste und prominenteste Fischmarkt der Stadt und vielleicht auch gar nicht zufällig in einem sakral anmutenden Bau untergebracht. Aber auch wenn hier den Fischen nicht die Messe gelesen wird, heiraten könnte man hier – immerhin!

Nach einem Tag in der Stadt ist es allemal schön, und viele Göteborger halten es genauso, hinaus in die Schären zu fahren. Am besten ist es allerdings dort auch zu wohnen. Auch wenn es nur für ein paar Tage ist, die kurze Fahrt zur Küste lohnt sich allemal. Nicht nur lebt sich dort ein very-laid-back-Leben, es ist auch nur ein Katzensprung hinaus auf die Inselwelt vor der zweitgrößten Stadt Schwedens. Ockerö, Bjorkö, Fotö... Aber was rede ich, tausende Inseln gibt es hier und die meisten sind problemlos zu erreichen. Anstehen – auf die Fähre fahren – warten bis man zahlen kann... aber hoppla! Kein Zahlen! Gratis ist das hier. Hey Sverige kann ich da nur sagen. Denn es geht dabei gar nicht ums Geld so unkompliziert ist das was die hier machen. Sozial heißt hier scheinbar, das Leben zu vereinfachen. Da könnten doch die einen oder anderen Herren und Damen Verantwortlichen dieser Welt mal einen Ausflug wagen, finde ich.

Ein Abstecher aber lohnt sich auf jeden Fall. Fähre nach Ockerö, links abbiegen nach Honö und runter zum Südzipfel der Insel.

Dort findet sich eines der besten Fischrestaurants von Göteborg – Tullhuset, das alte Zollhaus. Ich hatte es ja schon erwähnt: Was heute und für mich so sensationell beschaulich rüber kommt, das war nicht immer so. Gothenburg war einst der Outpost zu den natürlichen Feinden, den Dänen und den Norwegern. Aber Gott sei Dank verstehen die sich mittlerweile auch recht prächtig und wir brauchen hier kein Zollhaus mehr sondern können bei Fischsuppe und einem Glas - vulgo Flasche -  Chablis besinnlich mit der Seele baumeln. Tack för besöket (Danke für den Besuch) geben sie dir mit auf den Weg, gemeinsam mit der Rechnung, die Dank dem Argwohn gegenüber dem Euro recht moderat ausfällt. Und ich kann nur sagen: Nichts zu danken. Ich komme wieder!

Februar 2017

 

 

avi's choice

Meine Empfehlung

Es gibt nach wie vor nichts Besseres als ein Haus zu mieten – idealerweise mit Blick auf Wasser – Fleisch bei Olof holen:
Hasselbacken Stand 19, www.storasaluhallen.se

Das lässt sich wunderbar mit einem Stadtspaziergang verbinden:

liegen alle grade mal ums Eck.

Auf dem Heimweg dann ein Halt bei www.systembolaget.se und Wein einkaufen. Und ich muss eine Lanze brechen für den staatlichen Weinhändler. Die Auswahl ist gar nicht übel und die Preise, vor allem wenn man aus der Schweiz kommt, gar nicht schlecht.
Zu Hause Grill anwerfen, Fleisch darauf, dann Beine hoch und den ewig langen Sonnenuntergang genießen. Voraus gesetzt natürlich es ist Sommer!

Restaurants:

Nach einem Ausflug über die unzähligen Inseln in den Schären vor Gothenburg einen Abschluss auf Honö einplanen und rechtzeitig einen Tisch im Tullhuset reservieren.

Und allen an Wirtschaft Industrie (-geschichte) und Brands interessierten sei noch das Volvo Museum und das Hasselblad Center im Museum of Art